Welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede haben die Hessische Verfassung und das Grundgesetz?
Zahlreiche hessische Politiker bringen ihre Erfahrungen bei der westdeutschen Verfassungsentwicklung ein, die zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland am 23. Mai 1949 führt. Heinrich von Brentano, Georg August Zinn, Max Becker, Elisabeth Selbert, Walter Strauß und Ludwig Bergsträsser wirken an beiden Entwürfen mit. Sie können aus den Ergebnissen des Labors der Demokratie schöpfen und haben in der Verfassungsgebenden Versammlung in Bonn – dem Parlamentarischen Rat – großen Einfluss. Gemeinsam erarbeiten sie mit ihren Kollegen und Kolleginnen aus den anderen Landtagen der drei Westzonen das Grundgesetz. Am 1. September 1948 nimmt der Parlamentarische Rat seine Arbeit auf. Den Prozess begleiten kritisch alliierte Militärgouverneure, die das Grundgesetz am 12. Mai 1949 genehmigen. Am 23. Mai wird es verkündet.
Durch den Einfluss der hessischen Persönlichkeiten haben die Werte und Grundsätze der Hessischen Verfassung starke Wirkung auf den Aufbau des Grundgesetzes.
Die im zweiten Hauptteil der Hessischen Verfassung aufgeführten Grundrechte werden im Grundgesetz übernommen. Teilweise gleichen sich die Artikel bis aufs Wort (GG Art. 9, HV Art. 15 / GG Art. 13, HV Art. 8).
Zwischen den beiden Verfassungen zeichnen sich jedoch auch Unterschiede ab. Im Gegensatz zum Grundgesetz ist etwa in der Hessischen Verfassung noch bis 2018 die Todesstrafe verzeichnet; der Sozialisierungsartikel 41 besteht bis heute förmlich, auch wenn er faktisch durch das Grundgesetz außer Kraft gesetzt ist. Darüber hinaus ist eine Reform der Hessischen Verfassung weitaus schwieriger als eine Reform des Grundgesetzes: Veränderungen der Hessischen Verfassung müssen, im Gegensatz zum Grundgesetz, immer durch eine Volksabstimmung bestätigt werden.